Die südafrikanischen Zedernberge (Cederberg Mountains) sind ein Gebirge etwa 200 km nördlich von Kapstadt entfernt, das bekannt für seine atemberaubenden Sandstein Felsformationen ist und bis zu 2.000 Meter hohe Berge hat. Seit 1973 steht das Gebiet unter Naturschutz als „Cederberg Wilderness Area“. Ein Gebiet, in dem auch wilde Leoparden leben. Eigentlich bewegt man sich dort ausschließlich mit dem Auto durch und im besten Fall mit einem Dach Zelt und Allradantrieb, denn es ist sehr trocken und off-Road und Unterkünfte sowie Trinkwasser sind rar.
Da wir hier in Südafrika jedoch fast alles mit den Gravelbikes machen, war schnell klar, dass wir auch die Zederberge nur damit durchqueren wollten, Muskelkraft und Reifen Gripp sind doch kaum zu toppen.
Das Zelt ist für uns in Südafrika keine Option, dafür eignen sich andere Länder besser. Also sind wir auf feste Unterkünfte angewiesen. Die sind hier in den Zedernbergen eher selten, deshalb haben wir entgegen unserem spontanen Vorgehen, zwei davon im Vorfeld geplant.
Start war in unserem Haus in Kommetjie (südlich von Kapstadt, Nähe Cape of Good Hope), dann Richtung Norden an Kapstadt vorbei in das Landesinnere zu den Zedernbergen und von dort bis nach Stellenbosch (dort hatten wir schon einen Monat geplant und einige berufliche Termine standen auch an). Insgesamt 6 Tage, 550 km und etwa 5.600 Höhenmeter im Aufstieg lagen vor uns, Terrain unbekannt. Es sollte heiß und trocken werden.
Als Gepäck hatte jeder von uns wie so oft einen kleinen Rucksack mit dem nötigen dabei, etwa 3 kg. Sattelgepäcktaschen und ähnliches blieben zu Hause. Rucksack geht immer.
Am ersten Tag führte es über unsere mittlerweile Hausstrecke über den Chapman’s Peak Drive (man sagt, es sei eine der schönsten Küstenstraßen der Welt – unterschreibe ich sofort!) bis nördlich hinter Kapstadt. Bis hierhin gab es noch keine Gravelpisten, durch Kapstadt durch ist es immer etwas hektisch, aber dem lässt sich mit der High-Speed Busspur entgehen. Eine rot-farbige Busspur ausschließlich für Schnellbusse, die sich auch gut mit dem Rad fahren lässt, nur darf man die Busse nicht behindern und muss sofort Platz machen. Auch Tag 2 war noch recht harmlos, deshalb konnte wir auch ordentlich Kilometer machen mit etwa 1.000 Höhenmetern. Der Tag endete in Koringberg, ziemlich remote in einer kleinen Unterkunft bei einem Italiener, der hier hin ausgewandert ist. Wir wurden herzlich empfangen und bekamen sogar Joghurt mit frischen Früchten und ein Bierchen. Allerdings hatte ich an dem Tag mit den Devil Thorns zu kämpfen (eine Samenart mit drei harten spitzen, die den Fahrradreifen nie verfehlt). Weil ich immer noch nicht von Tubeless (also Reifen ohne Schlauch, dafür mit Dichtmilch) überzeugt bin, fahre ich Schläuche und flicke auch mit richtigen „Old style“ Flicken. Das funktioniert und ist technisch die beste und schnellste Lösung. Wobei ich sagen kann, dass es in Europa perfekt ist, aber in Südafrika durchaus Sinn macht, mit Dichtmilch zu fahren. Jedenfalls hatte ich abends den Schlauch mit drei (!) Flicken repariert, um dann noch ein viertes Loch zu finden – kein Flicken mehr da. Also weiter ohne Ersatz und hoffen, dass keine Dornen mehr kommen.
Am dritten Tag ging es ordentlich zur Sache, viel Gravel, der oftmals felsige Steinabschnitte mit dicken Brocken beinhaltete oder weichen Dünensand – beides nicht so einfach. Glücklicherweise gab es keine Dornen aber auch keine Möglichkeit Ersatzflicken zu kaufen. Wir übernachteten drei Kilometer vor Citrusdal entfernt und der einzige Radladen weit und breit hatte geschlossen. Trotzdem schrieb ich dem Inhaber einfach eine Whats App und prompt erhielt ich Antwort von Kappie, dem Besitzer. Er wollte nächsten Tag mit seiner Enduro eine Tour fahren und versprach mir, kurz bei uns anzuhalten und mir Material mitzubringen. Einen 650B Schlauch für meine 27,5er Gravel Laufräder hatte er leider nicht (zu selten) so nahm ich nur das Flickset, Geld wollte er nicht dafür, man hilft sich halt unter Bikern.
Der Folgetag vier zeigte uns dann endlich die off-Road Seite der Zedernberge, 1.500 Hm mit 86 Gravel Kilometern reinstes, feinstes Staubschlucken. Die Höhenmeter insgesamt auf drei Pässe aufgeteilt und nur eine Möglichkeit unsere Wasserflaschen aufzufüllen. Viele Bergpassagen, die so schottrig und gleichzeitig steil waren, dass aus dem Sattel gehen gleich durchrutschendes Hinterrad und sitzenbleiben bei 1-Fach Kettenblatt vorne, geliebte Schmerzen im Oberschenkel bedeuteten. Die Querrillen Gravelwege (corrugated) waren so holperig, dass unsere Räder wirklich an Ihre Grenzen kamen. Keine Federung und mehr als 10-15 km/h konnte man einfach nicht fahren, dazu streckenweise tiefer Sand und die letzten fünf Kilometer nach Kromrivier (unserer Unterkunft) so off-road, dass die Handgelenke bei Ankunft taub waren.
Außer Gebirge, Staub, Steine und eine fantastische Weitsicht gab es quasi nichts. Belohnt wurden wir mit dem Luxury tent, indem wir übernachteten. Ein fest installiertes Wüstenzelt, mit Küche, Ofen (für den unwahrscheinlichen Fall, dass es kalt wird) und Dusche mit Blick in den Busch. Absolut zu empfehlen und Erlebnis, auch das lokale Bier war ein Highlight des Tages. Wir kamen allerdings so spät an, bzw. die Küche schloss so früh, dass wir grad noch etwas bestellen konnten (und um sicherzugehen, satt zu werden, bestellte ich direkt zwei Hauptgerichte).
Das passte dann. Allerdings waren es von der Küche zum Zelt dann auch nochmal gut 2 Kilometer Gravelstrecke, natürlich mit dem Bike. Wir konnten den Sonnenuntergang und die Geräusche wilder Tiere gut genießen, wenngleich wir von mehreren Leuten angesprochen wurden, dass unser geplanter Weg mit unseren Rädern nicht fahrbar sei. Selbst für Geländewagen nicht, da durch den Starkregen vor Monaten ein Großteil des Weges weggespült worden ist. Die Alternative würde ein gut 20 Kilometer langer Umweg mit vielen Höhenmetern bedeuten, ebenfalls im unwegsamen Gelände. Der Anschlusstag hatte allerdings schon mit geplanten 130 km und 2.000 Höhenmetern genug Stunden.
Tags später beschlossen wir, an unserem Plan und dem Weg festzuhalten und so fuhren wir los. Gisa war fit und drückte ordentlich die Berge hoch. Zwischendurch war es mal sehr off-Road, aber alles mit dem Gravelrad fahrbar, Gisa schob dann ein paar Mal mit ihren schmalen Reifen (mit meinen 48er Reifen ging das besser). Irgendwann realisierten wir, dass es so schlimm gar nicht war und kamen auf den Hauptweg. Freude pur und Erleichterung. Klar war, für normale Autos war der Abschnitt nicht fahrbar, aber mit dem Fahrrad kommst Du halt irgendwie überall durch (notfalls tragen).
Die Streckenabschnitte zeigten dann am Tag fünf, warum hier kaum Jemand mit einem muskelangetriebenen Gefährt durchfährt.
Es war so steil und wieder mal feinkörnig, dass ich mit meiner Minimalübersetzung 1:1 (40er Blatt vorne und 40 Zähne hinten) grad noch hochkam. Gisa hinter mir war dann irgendwann weg und rutschte durch. Anhalten ging für mich nicht, so wartete ich oben nach dem etwa 650 Höhenmeter Anstieg und wartete und wartete. Die Straßen waren so voller Querrillen (corrugated ist das passende englisch Wort dafür), dass wir den Luftdruck schon nahezu auf null hatten, aber ein Gravelbike ist halt kein vollgefedertes MTB. Jedenfalls kam dann oben auf dem Pass ein Land Rover Pick-up angefahren und hinten drauf saß Gisa mit ihrem Gravelbike. Sie hatte die an dem Tag beste Zwischenlösung gefunden. „You wanna have a lift?“ fragten mich die Südafrikaner Susa und George und ich hob das Rad auf den Pick-up und mich dazu. Er nahm uns für das unwegsamste Stück mit und donnerte mit 80 Sachen über die Schotterpiste, dass ich echte Schwierigkeiten hatte, stehend hinten drauf mich und das Rad zu halten. How ever, das war eine gute Entscheidung, wir hätten es im hellen nicht mehr geschafft nach Wolseley zu kommen (das war der erste Ort, in dem man einen vernünftigen Schlafplatz finden konnte). George setze uns dann irgendwann ab und von dort hatten wir nur noch etwa 2,5 Stunden Fahrt vor uns.
Nächste Unterkunft war nicht geplant, da wir wieder in der Zivilisation waren und da findet sich immer etwas, trotzdem war es nicht einfach. Die freundliche Dame einer Unterkunft gab uns dann einen Tipp und wir kamen privat bei einem Farmer für Nektarinen und Pfirsiche unter. Als wir dann Stunden später total verstaubt in das kleine Dorf ein fuhren, gab es von der linken Seite eines Pubs einen tosenden Standing Ovation Applaus. Wir wussten erst nicht, was das bedeutete, aber die meinten doch tatsächlich uns. Es hatte sich wohl schnell im kleinen Dorf herumgesprochen, dass da zwei Verrückte noch unterwegs waren und eine Unterkunft suchten – nach der Durchquerung der Zedernberge.
Thema Essen kam an dem Tag wirklich etwas kurz. Wir hatten Glück und die Farmerin Peppi hatte nebenbei noch einen Farmstall (organic fresh food). Zu dem fuhr sie uns am Abend und öffnete diesen extra für uns, so dass wir noch die phantastischen, hausgemachten Pies (gefüllte Teigtaschen mit Kürbis und mehr) essen konnten, die Peppi dann für uns zu Hause aufwärmte. Nach langem Erzählen mit den Farmern über biologisches Anbauen und warum sie nicht nach Europa liefern wollen (und warum wir keine Weintrauben aus Südafrika kaufen), haben wir sehr gut geschlafen.
Am nächsten Morgen (frühstücken wollten wir im Farmstall mit free-range eggs und Barista Kaffee, verlor mein Reifen schon wieder Luft, Ventilverschluss abgerissen, die Strecke vom Vortag hatte Opfer gefordert. Nächster Cycle-Shop 10 Kilometer zurück über einen Pass und das vor dem Frühstück!? Ne, erst ein paar Eier und Kaffee und zufällig kamen hier noch die letzten Teilnehmer von „The Munga race“ vorbei, ein 1200 Km langes MTB-Rennen quer durch Südafrika, Tag und Nacht. Ein Freund von mir nahm daran teil, war aber schon seit etwa 1,5 Tage im Ziel und es kamen immer noch Teilnehmer an. Wir feuerten an und sahen in Gesichter, die von Müdigkeit und Faszination der Strecke gezeichnet waren. Wahnsinn, nichts für mich!
Peppi (die Farmerin) wollte mich dann unbedingt zum Cycle Shop fahren, sehr gut Idee, neuer Schlauch und ab ging es. Gisa ist derweil schon vorgefahren, so konnte und musste ich richtig Tempo drücken.
Als ich wieder auf dem Rad saß, hatte Gisa gut eine Stunde Vorsprung, also alles gegeben und mal abgesehen von dem „Bains Kloof Pass“ einem der schönsten Pässe, die ich bisher gefahren bin, auf nagelneuem Asphalt, konnte ich Gisa erst nach etwa der Hälfte der Strecke einholen, unweit eines Townships (klingt gefährlich, ist es aber eigentlich nicht. Wir sind schon durch zig gefahren, allerdings meist, weil Komoot uns dadurch führte und nicht, weil wir das so geplant hatten). Township durchqueren ist tatsächlich nicht ohne, immer auf die Empfehlungen der Einheimischen hören, die meisten sind harmlos und deren Bewohner einfach nur arm und freundlich. Es gibt allerdings auch welche, die sollte man in jedem Fall meiden!
An dem Tag kamen wir dann an unserem Ziel in Stellenbosch an, der berühmten Weinregion in Südafrika. 1.100 Meter hohe Berge, endlose Trail Strecken, Weingebiete, tolle kleine und große Restaurants und einem Uni-Gym mit 50m Außenpool, bei dem ich seit einem Jahr Mitglied bin, ideale Bedingungen, um zu leben und zu arbeiten.
Unseren Koffer haben wir dann an dem Tag noch mit Uber in Kommetjie bei Freunden abgeholt und die Radkoffer dort gelassen. Uber ist hier wie auch in Asien sehr verbreitet, sicher, günstig und zuverlässig.
Zedernberge oder Cederberg Mountains – staubig, abseits des Tourismus, viele Kletterpassagen und bedingt geeignet für ein Gravelbike, besser mit dem MTB zu fahren. Schöne Natur ohne Menschen.
Nachtrag: Meine Alufelge ist hinten an 5 Stellen an den Speichenlöchern gerissen, das war zu viel Off-Road, jetzt habe ich Carbonfelgen und hoffe, die halten länger.
Wer die Strecke nachfahren möchte, schreibt mich gerne an. Die gpx Daten sende ich gerne zu..





























Hallo Ihr beiden,
Eure Tour über die Zedernberge hört sich ja superspannend und mutig an! Toll, dass ihr das geschafft habt. Und in den kritischen Situationen kamen hilfreiche Menschen. Was für gute Fügungen. Wir haben das auch erlebt. Wir hatten 2 Mal äußerst ausweglose Situationen in der einsamen Wilderness Australiens und es kam Hilfe.
Ganz liebe Grüsse
Ja, das ist so richtig! glücklicherweise ganz oft so! Das hab ich bei Euerer Reise ziemlich oft gedacht, was ein Abenteuer, was Ihr da grad in Australien mit Eurem Jeep erlebt!